Heute mal eine Comic-Rezension. Ursprünglich suchte ich nach einem Geschenk für einen 7-jährigen Römer-Fan, der verständlicherweise die Darstellung der Römer bei Asterix & Obelix nicht passend findet. Er ist ja Römer-Fan – abgesehen davon, dass die Geschichte für die Gallier tatsächlich anders verlaufen ist. Wusstet ihr, dass es überhaupt nicht viele Kinder- und Jugendbücher über Rom gibt? Es gibt viele bunte Erklärbücher und Sachbücher, aber wenige mit echter Story.
Jedenfalls fiel mir auf diese Weise „Die Adler Roms – Buch I“ von Enrico Marini in die Hände. Gut, ihr sagt jetzt bestimmt, ich hätte schon an der Aufmachung des Covers ahnen können, dass das noch nichts für einen 7-jährigen ist. Und ihr habt recht. Unterhaltsam ist die Geschichte trotzdem (mal sehen, ob der Römer-Fan mit 14 auch noch Fan ist!).

Marini
Die Adler Roms – Buch I
Carlsen
Erscheinungstermin: 28. Januar 2020
Seitenzahl: 64
ISBN: 978-3-551-79196-2
Lesealter: ab 14 Jahren
Alle Infos und Blick ins Buch: Carlsen Verlag
Worum geht’s?
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Arminius, der als Sohn eines (besiegten) Germanenfürsten zur Erziehung nach Rom geschickt wird. Ja, genau der Arminius, dem es später gelang, viele germanische Stämme zu einen und die Römer in der Varusschlacht vernichtend zu schlagen. Es gab ihn wirklich, aber viel ist über seine Person nicht überliefert. Dafür ist er ab dem 16. Jahrhundert von späteren Generationen immer wieder neu gedeutet und je nach aktuellem Gedankengut für ihre jeweilige Zwecke und Propaganda benutzt worden. Einen tollen Überblick dazu gibt das Varusschlacht-Museum in Kalkriese in seiner Ausstellung und auch auf seiner Website.

Zum Glück ist der Zeichner und Autor Enrico Marini ein in der Schweiz lebender Italiener, sodass man ihm keine germanisch-deutsche Geschichtsverherrlichung vorwerfen muss. Sein Arminius ist zwar auch blond, muskulös und furchtbar arrogant. Er soll im Haushalt eines ehemaligen Feldherrn gemeinsam mit dessen gleichaltrigen Sohn römisch erzogen werden. Nachdem die beiden sich zuerst überhaupt nicht mochten, schließen Arminius und der etwas vorsichtigere, nachdenklichere (und frei erfundene) Marcus Falco später Blutsbrüderschaft. Man kann schon ahnen, dass sich jemand wie Arminius womöglich irgendwann zwischen diesem Freund und seinem Heimatvolk entscheiden muss.

In Band I geht es vor allem um ihre gemeinsame (harte, blutige und brutale) Ausbildung und Erziehung und erste (äußerst ausführlich dargestellte) Erfahrungen mit Frauen. Auch die (tödlichen) Konsequenzen nach einem Vergnügen mit einer jungen Sklavin, die dann im Kindbett stirbt, spart der Autor nicht aus. Enrico Marinis Bilder beschönigen und verstecken nichts. Man sieht zertrümmerte Schädel, tote Babys und Sexszenen – alles ohne Einsatz von Computerprogrammen handgezeichnet und koloriert.
Trotzdem fand ich die Handlungssprünge nicht immer überzeugend, die Geschichte zeigt szenenhaft einige Ausschnitte aus diesem Leben. Vielleicht liegt es auch am Medium Comic, dass ich das Gefühl hatte, außer der zweiten Hauptperson Marcus, keine der Figuren tatsächlich näher kennenzulernen. Auf diese Art verliert der Todes einiger Charaktere viel von dem Schockeffekt, den er hätte haben können, wenn man die Figur vorher näher kennengelernt hätte.
Ich schwanke gerade zwischen 3 und 4 Sternen, aber ich will nicht zu hart sein – ich hatte einen unterhaltsamen Abend!