Duftende Zeitreise: Über „Eine Zeit in Orangen“ von Carolin Lüdemann

Ausschnitt aus dem Bild Citrus sinensis (appelsin) von Hans Simon Holtzbecker 1610 – 1671

„Eine Zeit in Orangen“ von Carolin Lüdemann ist Teil 1 einer Zeitreise-Trilogie. Ich habe das Buch auf der Buchmesse signiert von der Autorin gekauft, aber jetzt erst im Rahmen der „Buchreise“ gelesen.

Buchreise? Das ist ein Projekt von @madame_anett_liest auf Instagram, wo mehrere Menschen zusammen das gleiche Buch lesen und unterwegs beim Lesen darin ihre Gedanken festhalten. Einfach cool, finde ich 🙂 Bei „Eine Zeit in Orangen“ war ich die erste Leserin und es hat mir Spaß gemacht, meine Bemerkungen direkt ins Buch zu schreiben. (Fühlt sich irgendwie verboten an!). [Übrigens gehen meine Dystopie RE-GENERATION und mein Zeitreise-Roman „Lindenherz“ auch auf Buchreise. Für „Lindenherz“ kann man sich noch bewerben…]

Das Beitragsbild ist übrigens eine Gouache-Zeichnung mit dem Titel „Citrus sinensis“, die Hans Simon Holtzbecker zwischen 1649 und 1659 gemacht hat. Heute befindet sich das Bild in der Sammlung des Statens Museum for Kunst.

Buch-Cover in weiß und orange - "Eine Zeit in Orangen" von Carolin Lüdemann

Carolin Lüdemann

Eine Zeit in Orangen – Der erste Duft

ISBN: 9783384218742

Sprache: Deutsch

Ausgabe: Taschenbuch

Umfang: 447 Seiten

Verlag: tredition

Erscheinungsdatum: 15.07.2024

Zur Website der Autorin


Worum geht’s?

„Eine Zeit in Orangen“ startet im Uni-Milieu des Hamburger Rothenbaum-Viertels und geht dann rasant ins Paris des 17. Jahrhunderts. Am Anfang der Geschichte lernt man die Literaturstudentin Persephone kennen, die unfreiwillig in den Fokus des Campus-Klatsch schlittert, indem sie den reichen Frauenschwarm-Kotzbrocken Alexander van Montford buchstäblich über den Haufen rennt. Danach überschlagen sich die Ereignisse und Persephone gerät unfreiwillig auf Zeitreise – und wird Mitwisserin vom größten Geheimnis, das Alexander und sein Zwillingsbruder David hüten. Noch dazu ist sie abhängig von den beiden, denn nur die können sie wieder in ihre Zeit zurückbringen.

Wie war’s?

Das Buch steckt voller Anspielungen an die Edelstein-Trilogie von Kerstin Gier und man merkt der Autorin an, dass sie Fan ist. Nichtsdestotrotz hat sie ein paar traditionelle Romance-Klischees gebrochen: Persephone entspricht zum Beispiel nicht dem perfekten Schönheitsideal, weil sie ein paar Kilo zu viel wiegt. In der Vergangenheit wird ihr als Frau eine ziemlich öde Rolle zuteil, was ich sehr realitätsnah und erfrischend fand. Und auch sonst hat sich Carolin Lüdemann bemüht, nichts am Paris des Jahres 1668 zu beschönigen. Sehr sympathisch fand ich zum Beispiel Momente, in denen Persephone bewusst wird, dass auch sie – eine arme Studentin im Jahr 2022 – privilegiert ist im Vergleich zu den Menschen der Vergangenheit. Diese Erkenntnis sollten wir uns alle immer mal wieder vor Augen halten!

Vom Hintergrund der Zeitreise hätte ich gern noch mehr erfahren. Wieso sammelt die mysteriöse Kongregation Artefakte aus der Vergangenheit? Wie lange schon? Und wieso müssen ausgerechnet Alexander und sein Bruder diesen Job erledigen? – Natürlich bietet die Konzeption als Trilogie noch reichlich Platz, um das in den Folgebänden weiter auszubauen.

Persephone ist eine kluge und starke junge Frau, die sich nicht unterkriegen lässt, egal, was passiert – und ihr passiert wirklich einiges an krassen Dingen. Ich konnte gut nachvollziehen, warum Alexander ihr mehr und mehr verfällt. Er selber hingegen benahm sich in der ersten Hälfte des Buchs ganz und gar unausstehlich, um dann später eine 180-Grad-Wende zu vollziehen. Was Persephone an ihm findet, war mir lange unklar.

Düfte ziehen sich durchweg als ein Motiv durch den Roman, so sehr, dass ich mir zeitweise gewünscht habe, auch einen tollen Eigengeruch nach Orangen oder Thymian zu haben. Ein noch schöneres, durchgehendes Motiv, finde ich, ist der metaphorische „Umhang“ oder „Mantel“, in den sich Persephone hüllt, um sich dahinter zu verstecken.

„Ich trage einen Umhang, der mich unsichtbar werden lässt“, ist gleich der erste Satz. Wunderschön!

Was auch öfter vorkommt, sind Beschreibungen von Leckereien. Im Ernst – ich kann mich nicht erinnern, Macarons je in so vielen Facetten beschrieben bekommen haben. Dabei mag ich die Dinger gar nicht und von mir aus hätte hier ein bisschen gekürzt werden können. Aber die Liebe zu süßem Backwerk gehört natürlich ebenfalls fest zu Persephones Charakter und vielleicht liebt ihr ja Café- und Kuchenbeschreibung!

Mir hat das Lesen großen Spaß gemacht und ich hab direkt Band 2 vorbestellt. Er erscheint Anfang August 2025.

1 Kommentar

Hinterlasse einen Kommentar