Erfahrungen aus dem Schreiballtag: Roman diktieren mit Speechnotes

aufgeschlagenes Notizbuch im Vordergrund, dahinter eine blaue Keramiktasse und Ausblick auf den Garten

Es ist wieder so weit – ich hab seit Weihnachten wieder fast acht neue Notizbücher mit meinem neuen Romanprojekt gefüllt und gerade schreibe ich am Finale von Band 1. Denn nachdem „Lindenherz“ eigentlich so lang wie zwei Bücher geworden ist, sich in der Mitte aber nicht teilen ließ, möchte ich das diesmal von Anfang an anders planen. Das neue Projekt wird höchstwahrscheinlich eine Dilogie, die im Jahr 2202 spielt. Während ich noch (handschriftlich, gern draußen oder gemütlich auf dem Sofa) schreibe, tippe ich an nicht ganz so kreativen Tagen das bereits Geschriebene ab.

Aufgeschlagenes Notizbuch, darauf ein Bleistift, auf dem steht: die Ordnung hat versagt. Karl Kraus
Die Rohfassung meiner Geschichten schreibe ich per Hand in schöne, bunte Notizbücher. Der Vorteil ist, dass ich überall schreiben kann, ohne einen Computer mitzuschleppen. Der Nachteil, dass ich den Inhalt irgendwann abtippen muss. Vielleicht ist Diktieren eine Alternative?

Bei der drückenden Hitze am Wochenende war ich selbst zum Tippen zu faul und habe mich an ein neues Experiment mit der Web-App Speechnotes gewagt. Während ich 2020 noch zu dem Schluss kam, dass das nicht schneller ist als abtippen, möchte ich heute meine Meinung revidieren.

Wie geht diktieren mit Speechnotes?

Speechnotes gibt es als kostenlose Web-App und Android-App. Einmal im Browser geöffnet, kann man sofort loslegen. Einfach das Mikrofon-Symbol drücken und sprechen bzw. vorlesen. (Natürlich braucht der Computer ein Mikrofon.) Dann überträgt die App das Gesprochene in Text, der im Eingabefenster angezeigt wird. Von dort kann man ihn kopieren oder in Google Drive exportieren.

Seit ich die App vor zwei Jahren getestet habe, scheint sie sich verbessert zu haben. Natürlich bemühe ich mich, langsam und deutlich vorzulesen. Je mehr Mühe ich mir dabei gebe, desto besser ist das Ergebnis. Gleichzeitig zeigt mir die App auf, bei welchen Wörtern ich gern in Dialekt verfalle.

Screenshot von der Web-App Speechnotes
Screenshot von der Web-App Speechnotes

Eigentlich soll man Satzzeichen im Text ansagen. Allerdings setzt Speechnotes Kommata, Punkte und Fragezeichen auch automatisch, wenn die Intonation stimmt. Das klappt nicht immer, man kann es aber hinterher korrigieren.

Welche Vorteile hat das Diktieren?

Ich finde, das hat fürs Schreibprojekt zwei Vorteile: Einerseits höre ich sofort, wann Sätze zu lang und kompliziert sind und kann sie im Anschluss verbessern und kürzen. Gleichzeitig trainiere ich meine Vorlesestimme.

Ich lese also immer 1-2 Normseiten vor, kopiere den Text ins Schreibprogramm und redigiere ihn. Für zwei Normseiten dauert das Einsprechen etwa drei Minuten, das Redigieren etwa acht. Ich glaube, damit bin ich inzwischen um fast ein Drittel schneller als beim Abtippen und ermüde auch nicht so schnell, denn es ist abwechslungsreicher.

Wer hat noch Erfahrungen mit Diktier-Apps wie Speechnotes gemacht?

14 Kommentare

  1. Cool, Danke für´s Vorstellen.
    Ich hab auch eine Zeitlang mit der Hand geschrieben – aber das Abtippen hat mich genervt – das ist natürlich eine gute Sache.
    Grüsse

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      1. Ja – mach ich – ich muss mal meine geschriebenen Seiten zusammen suchen. Die hab ich nämlich genau aus dem Grund nie abgetippt.

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      2. Ja, das kann sehr langwierig sein und man bekommt schnell verkrampfte Schultern 😯 Ich mach das immer, wenn ich gern schreiben würde, aber zu müde bin…

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  2. Ich werde es mal ausprobieren. Bisher habe ich die Diktierfunktion im Handy genutzt, mit teilweise kuriosem Ergebnis. 😅
    Ich bin seeehr gespannt auf deine Dilogie nach Lindenherz; das Buch habe ich übrigens gerade zum zweiten Mal gelesen. 😊 Liebe Grüße Martina

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    1. Hallo Martina,
      Du hast „Lindenherz“ sogar zweimal gelesen? 😍 Jetzt freu ich mich riesig!!! Ja, es wird noch ein bisschen dauern mit der Dilogie, aber so schnell und intensiv hab ich selten an einer Geschichte geschrieben 😊
      Viele liebe Grüße,
      Tala

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      1. Wenn ich ein Buch mit 5 Sternen bewerte, dann gefällt es mir auch wirklich sehr gut. 🙂 Es gibt Bücher, die liest man einfach gerne mehrmals. Sie bleiben im Regal und werden nicht irgendwann aussortiert. Dein Buch hat bei mir das Potenzial dazu. Ich hoffe, dein nächstes auch. 🙂
        Liebe Grüße und einen sonnigen Tag
        Martina

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  3. Aber ich hab das schon richtig verstanden, du sprichst in die Speechnote-App Texte, die du bereits geschrieben hast? Es ist also nicht etwa so, dass du während des Diktierens die Texte erst erfindest? Dann wäre nämlich die Geschwindigkeit, die du angegeben hast, ganz unbegreiflich. Immerhin hat es Autoren gegeben, die ihre Werke diktiert haben, einer lauschenden Sekretärin zum Beispiel. Henry James, Edgar Wallace, Gerhard Hauptmann fallen mir ein, und sogar Goethe hat gern diktiert, vor allem seine Briefe, wenn auch nicht immer. Ist die App an ein internes Wörterbuch gebunden, oder versteht sie auch Wörter, die nicht so bekannt sind, oder die du womöglich erfindest, zum Beispiel Namen? Ich habe mit dem Textverarbeitungsprogramm von word schon genug Ärger, im Grunde füge ich jeden Tag Wörter manuell ins Wörterbuch ein, da stehen mittlerweile tausende drin, die das System zunächst einmal als „Wortauswahlfehler“ oder gar überhaupt als „Fehler“ markiert hat. Macht die App das genauso? Das könnte nervig werden. Und wie ist das, wenn man fremdsprachige Wörter einflicht? Oder Fachbegriffe, wie „Prolepse“? Kommt das Teil dann ins Stolpern? Also, ich sehe schon, ich muss das selbst mal ausprobieren. Danke für den Hinweis. Hatte immer im Hinterkopf, dass es sowas gibt. Hab gerade ein uraltes Manuskript auf meinem Schreibtisch liegen, da steht zum Beispiel der Satz drin: „Die Garantie für die Organik dieses Wachstums liegt in der puren Mechanik der Textradierung.“ Also. Würde die App diesen Satz stemmen? Würde die App diesen Kommentar stemmen?

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    1. Hihi, danke für den langen Kommentar. Ich gehe mal chronologisch darauf ein: ich hab die Texte vorher schon aufgeschrieben und lese sie der Web-App nur vor. So ein Diktiergenie bin ich nicht, hab mich immer gefragt, wie die Leute sich flüssig live laut Texte ausdenken. Dazu bin ich nicht der Typ 🙂
      Auch so macht die App oft Fehler zum Beispiel bei Namen oder Fremdwörter. Teilweise habe ich italienische oder schwedische Sätze dabei. Das muss ich dann im zweiten Schritt noch ausbessern. Trotzdem hat es diesmal so gut funktioniert, dass ich insgesamt damit Zeit spare. Noch schneller ginge es, wenn ich die Erstfassung digital schreiben würde. Aber ich suche derzeit nach Alternativen zum Dauerbildschirmgucken. Dafür ist es eine nette Abwechslung. Du kannst ja mal ausprobieren, ob es was für dich ist 🤗
      Viele liebe Grüße,
      Tala

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