Letztes Jahr zum Winterlesezauber hatten Anja Dannenberg und ich unseren Stand direkt neben Kerstin Imrek. Die war mir mit ihrer UTOPIA-Dilogie schon öfter aufgefallen. Ich habe die Chance genutzt, mir das Prequel zur Dilogie „Unvergessene Zukunft“ signiert (und mit wunderhübscher Overlay-Page) zu kaufen. Und jetzt hab ich das Buch endlich gelesen.
Das Beitragsbild ist eine Malerei eines unbekannten Künstlers aus dem 17./18. Jahrhundert und befindet sich in der Sammlung des Statens Museum for Kunst.

Ungeschriebene Zukunft
Fünf Geschichten aus UTOPIA
Release: 17. Mai 2024
Genre: Belletristik, Dystopie, Science-Fiction
Format: E-Book , Taschenbuch
Umfang: 344
Altersempfehlung: ab 16 Jahre
Worum geht’s?
„Unvergessene Zukunft“ vereint fünf Geschichten, die alle vor Beginn der Handlung der UTOPIA-Dilogie spielen. Man kann sie völlig unabhängig von der Dilogie lesen, um schon mal in die düstere Zukunftswelt einzutauchen, die Kerstin Imrek hier geschaffen hat. Alternativ kann man sie auch nach der Dilogie lesen, um noch ein wenig mehr über die Charaktere zu erfahren.
Wir befinden uns um das Jahr 2160 herum bzw. einige Jahrzehnte davor und hier sieht es eindeutig schlechter aus für die Menschheit als in meiner Dystopie RE-GENERATION. Die Welt ist nach dem Dritten Weltkrieg verstrahlt, nur noch einzelne Gebiete sind bewohnbar.

Wie war’s?
In einer der Geschichten, „Fall und Aufstieg“, folgen wir den Gedanken des selbstbewussten und ehrgeizigen Unternehmers James Lagerfeld und erfahren, wie er die Organisation „Global Save“ (GS) gründet. Sein ehemaliges Firmenhochhaus wird zum Zentrum eines Zufluchtsorts, der mit den Jahren zum totalitären Überwachungsstaat mit James Lagerfeld als alleinigen Herrscher mutiert. Standen ihm seine Schwester Molly und sein Freund Finn anfangs noch treu zur Seite, sieht sich James nach einiger Zeit mit Kritik konfrontiert. Und er ist nicht gerade kritikfähig. Für James Lagerfeld konnte ich keine Sympathie entwickeln, aber er ist auch der große Gegenspieler in der UTOPIA-Geschichte. Trotzdem bekommt man in seiner Geschichte einen Eindruck, wie seine schleichende Radikalisierung ablief und wie für ihn alles, was er tut, einer eigenen, extremen Logik folgt.
Die anderen Geschichten spielen später. Eine, „Nur ein Blick“, dreht sich um Damian Lamark, Sohn eines führenden Wissenschaftlers von GS, der mit aller Macht gegen seine Homosexualität ankämpft. Denn Homosexualität ist verpönt in GS City und sie offen zu zeigen kann schnell gefährlich werden. Die Geschichte von Damian ist etwa 150 Seiten lang, sodass ich richtig gut in die Story hineingefunden habe. Sie war spannend geschrieben und hat mich gleich berührt. „Nur ein Blick“ erscheint dieses Jahr übrigens noch als Kurzroman.

Ebenfalls mitreißend fand ich die Geschichte von Bonny Katalon – „Wir sind Weiße Sonne“. Bonny entrinnt ganz knapp einer Vergewaltigung und schlägt sich durch die zerfallene Stadt außerhalb der GS-Stadt. Trotzdem gibt sie nicht auf, sondern sammelt Mitstreiter für ihren Kampf gegen James Lagerfeld.
Die Geschichte von Delia Coccinelle, „Grautöne“, fand ich auch sehr gut. Delias Gefühle konnte ich gut nachvollziehen und ich fand es spannend, wie sie gegen ihren Willen und völlig unschuldig immer mehr in die Verwicklungen und Intrigen zwischen GS und Weiße Sonne hineingezogen wurde. Ich bin nun natürlich gespannt, welche Rolle in der UTOPIA-Dilogie sie einnimmt.
Die fünfte Geschichte, „Obsession“, stellt Ansgar Falk vor. Sie war herausfordernd, denn Ansgar entdeckt darin eine sehr, sehr dunkle und sadistische Seite von sich. Kerstin Imrek schafft es seine Gefühle dabei so wiederzugeben, dass seine Entwicklung nachvollziehbar und verständlich wird. Ich hoffe so sehr für seinen Freund Hannes, dass er am Ende alle seine Entschlüsse freiwillig trifft.
Wichtig ist, sich vor dem Lesen des Buchs die Content Notes durchzulesen, die am Ende einer kurzen Einführung vor jeder Geschichte stehen.
Dekoriert sind die Geschichten mit Zeichnungen, die die Köpfe der Protagonisten von hinten zeigen. Die Autorin hat sie selbst gezeichnet und ich finde sie sehr gelungen, denn sie verraten nicht zu viel und machen neugierig.

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