Ayla Richter stiftet ihren eigenen Literaturpreis: Den Ayla Richter Froschkönigin Award, der am 8. März 2025 in Bamberg zum ersten Mal verliehen wird. Das Datum fällt nicht zufällig auf den Internationalen Frauentag, denn der Preis ist ausschließlich für Autorinnen.
Weil das so ungewöhnlich ist, habe ich der Initiatorin ein paar neugierige Fragen gestellt, darunter auch, was es denn mit der Froschkönigin auf sich hat.
(Das Titel-Foto stammt übrigens von: Ferenc Szabó auf Pixabay.)
Die meisten Menschen wollen wahrscheinlich lieber einen Preis bekommen als einen Preis austeilen. Was reizt dich an der Vorstellung, einen eigenen Literaturpreis zu stiften?
Ayla Richter: Für mich ist die Stiftung die Erfüllung eines sehr alten Wunschtraumes. Als ich im Jahr 1982 bei meiner Abifeier saß, gab es für die mit dem besten Noten Buchpreise, für manche auch mehrere. Unter anderem aus Stiftungen, deren Gründer schon längst verstorben waren. Das fand ich fazinierend und nahm mir schon vor, dass es irgendwann einen (Buch)Preis mit meinem Namen geben sollte. Aber nicht für die Besten der Besten, sondern eher für Benachteiligte, für die, die es gerade noch so schaffen. Mich reizt daran die Vorstellung, dass mein Name und mein Werken mich überdauert. Niemensch ist wirklich tot, solange sich noch jemensch erinnert.
Es gäbe schon viel zu viele Buchpreise, hieß es während der Berichterstattung zur Frankfurter Buchmesse 2024 in einem deutschlandfunk-Radiobeitrag, für den sich der Reporter leicht genervt von einer Preisverleihung zur nächsten schleppte. Warum hältst du deinen Buchpreis trotzdem für wichtig?
Ich habe keine Ahnung, wie viele und welche Buchpreise es gibt. Dieser hier ist aus einer Blödelei heraus mit der Autorin Ellen Connor entstanden. Und meinem alten Traum, s.o. Wir tauschten uns aus, wer von uns wohl den nächsten Nobelpreis für Literatur erhalten würde. Und dann teilte sie mir mit, das ginge nicht, weil ich Selfpublisherin sei. Ungerecht. Und dann schrieb sie noch so etwas Ähnliches wie: „Dann mach es doch selbst!“ Und das machte ich dann zwei Tage später.
Die Reaktionen der Autorinnen, der Preis ist bewusst ausschließlich für Frauen, macht mir deutlich, dass dieser Award wichtig ist. Weniger wegen der Trophäen, obwohl es wunderbare Arbeiten der Künstlerin Antje Schönberg sind, sondern wegen der Sichtbarkeit. Endlich nimmt die Autorinnen mal jemensch wahr. Diese Sichtbarkeit, die ja trotzdem sehr gering ist, der Literaturpreis wird zum ersten Mal verliehen, kommt als Grund für das Mitmachen in sooo vielen Mails vor.
Im Literatur-von-Frauen-Belächeln haben wir in Deutschland eine lange Tradition. Woran liegt das deiner Meinung nach und glaubst du, dein Preis kann daran etwas ändern?
Bedauerlicherweise glaube ich nicht, dass dieser Award an dem Belächeln von Autorinnen, die ohne Verlag etwas veröffentlichen, etwas ändern wird. Wie oft höre ich zum Selfpublishing: „Mutti schreibt und wir müssen es dann lesen.“ Ich habe jetzt ungefähr 45 Bücher der eingesendeten 66 Titel gelesen und bin immer wieder auf’s Neue positiv überrascht. An ein Buch erinnere ich mich deutlich. Titel doof, Cover naja, aber ich hatte mich ja selbst dazu verpflichtet alle Wettbewerbsbeiträge zu lesen. Und dann war der Inhalt die totale Überraschung!
Woran liegt es, dass nicht einmal wir Frauen anderen Frauen etwas zutrauen? Für mich als Feministin gibt es da eine klare Antwort: am Patriarchat. Solange selbst wir denken, dass Männer von Natur aus bis auf das Kinderkriegen alles besser können, dürfen wir uns nicht wundern, dass wir immer 2. Wahl sind und sein werden. Immer!
Der Froschkönig im Märchen musste als warziger Lurch im feuchten Brunnen darauf hoffen, wachgeküsst zu werden. Geht’s uns Selfpublisherinnen deiner Meinung nach genauso?
Über diesen Satz musste ich lächeln: Warziger Lurch im feuchten Brunnen. So habe ich das Märchen tatsächlich nie gesehen. Der Lurch kann ja hinausklettern, denn sonst hätte die Fröschin das Spielzeug ja nicht hinaufbringen können. Ich denke jetzt „seitenverkehrt“: Die Fröschin, also wir, können doch, wenn wir wollen. Warum auf den Kuss warten? Warum sich nicht nehmen, was uns gehört? Die Hälfte von allem? Auch ich selbst zweifel so oft an meinem Buch. Warum? Sehr viele geben mir ungefragt ein sehr positives Feedback. Aber ich konnte dieses sehr lange nicht annehmen. Wir sind anders erzogen, wie oben: 2. Wahl. Selfpublishing scheint 2. Wahl zu sein. Aber das ist Quatsch! Ich habe mir durch die Entscheidung zum Selbstverlegen Enttäuschungen in Form von Absagen gespart. Mein Buch ist wie ich es für richtig halte. Und trotzdem musste ich lernen, zu mir und dem Buch zu stehen. Stolz auf mein Werk zu sein. Etwas, wo m.E. die Erziehung gerade bei Mädchen mehr als hinkt.
Wie geht’s nach der Preisverleihung weiter? Ist der Froschköniginnen-Award eine einmalige Sache?
Erstmal mit Ausruhen, als One-Queen-Show ist das Ganze sehr anstrengend, wenn auch sehr erfüllend. Ich würde diesen Award gerne noch öfter verleihen, auch ohne meinen Namen davor, einfach nur als „Froschkönigin-Award“. Denn mein Traum ist erfüllt. Einen Preis, der meinen Namen trägt. Im Zwei-Jahres-Rhythmus. Und finanziell muss der Award dann auch anders aufgestellt werden. Dieses Mal bezahle ich alles selbst, verkaufte Eintrittskarten refinanzieren lediglich einen sehr geringen Teil. Verteilt auf mehr Schultern, aber ja, ich bin bereit, meine Erfahrungen zu teilen und im Team neue zu machen, 2027.
Bonusfrage: Welche Reaktionen schlagen dir für deine Idee entgegen und welche davon haben dich überrascht?
Überrascht hat mich die Ignoranz von Männern, die erst ganz Ohr sind, wenn ich von dem Award berichte. Komme ich zu dem Punkt „ausschließlich für Selfpublisherinnen“, ist das Interesse im Regelfall schlagartig erloschen.
Überrascht hat mich die Freude, mit der dieser Preis bei den Autorinnen aufgenommen wurde. Der Zuspruch. Der Satz: „Du bist eine starke Frau!“. So habe ich mich selbst nie gesehen.
Überrascht hat mich mehrfach der Hinweis, dass ich das Geld für die Kosten des Awards lieber für meine Altersvorsorge aufheben solle. Hey, ich bin „mittelalt“. Worauf warten?
Überrascht haben mich so viele Autorinnen in ihren Mails mit den Widmungen in den Büchern. Mir war überhaupt nicht klar, dass fehlende Sichtbarkeit so ein Problem auch bei anderen sein kann.
Außerdem: Die Boutiquebesitzerin, die mich von der ersten Minute an unterstützte und mir ihre Adresse zu Verfügung stellte. Die Unterstützung so vieler Frauen außerhalb der „Buchbranche“
Liebe Ayla, ich danke dir für die tollen Antworten!
Wer Ayla unterstützen und eine einmalige Premiere erleben möchte, kauft sich am besten ein Ticket für die Preisverleihung am 8. März 2025 im Hegelsaal der Konzerthalle Bamberg in der Mußstr. 1 verliehen. Schon am Vormittag wird es eine kleine Buchmesse geben mit Büchern, die es sonst eher nicht zu sehen gibt (weil Selfpublishing). Um 14 Uhr geht’s los mit kulturellem Programm und Preisverleihung.
Und wie wir außerdem gelernt haben: Unterstützen können wir Ayla und die Selfpublisherinnen außerdem, indem wir ihnen mehr Sichtbarkeit geben.

1 Kommentar